Die Behandlung und Selbsthilfe nach einem Bandscheibenvorfall ist keine leichte Aufgabe.
Das liegt daran, dass viele Faktoren eine Rolle spielen können, ob und wie stark du Beschwerden im unteren Rücken entwickelst.
Einige Behandlungsmaßnahmen können bei dem einen die Schmerzen lindern. Bei dem anderen können sie die Probleme verschlimmern.
Es gibt also kein Rezept, das für jeden funktioniert. Jedoch gibt es 5 wichtige Prinzipien, welche bei der Bandscheibenvorfall-Behandlung und Selbsthilfe häufig vergessen werden (okay, vielleicht nicht alle 5, aber 2 oder 3 davon definitiv!).
Mit all meinen Rückenschmerz-Klienten konzentriere ich mich auf diese 5 Prinzipien, um die Genesung möglichst effizient ablaufen zu lassen.
Schauen wir uns an, was du über einen Bandscheibenvorfall wissen musst und wie du die 5 Prinzipien für dich anwendest.
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Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Der Bandscheibenvorfall in der LWS (auch Discushernie) ist wohl die bekannteste Ursache von Rückenschmerzen.
Dabei treten Teile der Bandscheibe hervor und können auf Nervengewebe drücken.
Manchmal bleiben Bandscheibenvorfälle aber auch unerkannt und zeigen keine Symptome.
Insgesamt unterscheidet man drei Varianten.
Die häufigste Variante eines Bandscheibenvorfalls ist eine Protrusion – eine Vorwölbung der Bandscheibe, bei welcher der Faserring unverletzt bleibt.
Sie entsteht durch wiederholtes einseitiges Beugen der Lendenwirbelsäule. Tritt beispielsweise eine Protrusion hinten links auf, wurde sich viel nach vorn rechts gebeugt.
Die zweite Variante ist der Prolaps. Dabei bricht die Bandscheibe in sich zusammen, der Faserring reißt ganz oder teilweise und es tritt Material aus der Bandscheibe aus.
Die Ursache auch hier: Wiederholte einseitige Belastungen.
Die dritte Variante eines Bandscheibenvorfalls ist ein Riss des Faserrings, wobei der Gallertkern aus dem Spalt heraustritt.
Wenn du wissen willst:
- Was eine Bandscheibe eigentlich ist,
- Wie ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule ensteht und
- ob eine Operation für dich geeignet ist,
dann empfehle ich dir diesen umfangreichen Artikel zum Thema Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule. Diese und viele weitere Punkte schauen wir uns dort genauer an.
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Diese Übungen sind zunächst tabu
Bei der Bandscheibenvorfall-Behandlung und Selbsthilfe darfst du ein paar einfache Punkte berücksichtigen.
Denn wenn wir uns anschauen, wie die meisten Bandscheibenvorfälle entstehen, wissen wir auch, wie wir unseren Körper bei der Genesung unterstützen können.
Prof. Dr. Stuart McGill hat die letzten Jahrzehnte damit verbracht, den unteren Rücken zu untersuchen. Er fand heraus, dass ein Bandscheibenvorfall einem klaren Verletzungsmechanismus folgt:
- Wiederholtes (und langes) Beugen der Lendenwirbelsäule und / oder
- eine sehr starke Stauchung bei gebeugter Wirbelsäule.
Da nahezu alle Bandscheiben im unteren Rücken nach hinten fallen, wissen wir, dass ein übermäßiges Runden der LWS zum Vorfall führen kann.
Entsprechend reagieren viele Betroffene sensibel darauf, wenn der untere Rücken gebeugt und unter Kompression gesetzt wird.
Das kannst du direkt testen: Setze dich auf die Stuhlkante. Deine Hände sind seitlich unter dem Stuhl. Mache den Rücken rund und ziehe dich mit den Händen in den Stuhl herein.
Verursacht dieser Test Schmerzen, bist du flexionsintolerant.
Treten dabei Schmerzen auf? Dann bist du momentan flexionsintolerant. Das bedeutet, eine Beugung der Lendenwirbelsäule ist für dich ein Schmerzauslöser. Dann darfst du eine Beugung der LWS vermeiden, bis sich dein Gewebe erholt hat.
Diese Erkenntnis bringt einige Implikationen für die Behandlung und Selbsthilfe nach einem Bandscheibenvorfall mit sich. Denn Prof. Stuart McGill hat ein sehr schönes Motto, was das angeht:
"Während der Reha ist das, was du nicht tust, genau so wichtig wie das, was du tust."
Schauen wir uns das genauer an.
Flexionsintoleranz als Schmerzauslöser im Alltag
Im Alltag beugen wir häufig den unteren Rücken, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Falls dein Bandscheibenvorfall schon länger zurückliegt und du nach wie vor mit Schmerzen zu kämpfen hast, könnte das die Ursache dafür sein.
Schauen wir uns einige typische Situationen genauer an:
- Rückenschmerzen beim Zähneputzen: Oftmals beugen wir den unteren Rücken beim Zähneputzen. Halte die LWS neutral, um den Schmerzauslöser zu vermeiden.
- Rückenschmerzen beim Niesen: Beim Niesen krümmen viele unbewusst den Rücken und klagen über Schmerzen. Nimm den Kopf beim Niesen in den Nacken, um das Beugen der LWS zu vermeiden.
- Rückenschmerzen beim Schuhe binden: Statt dich nach vorn zu lehnen, stelle den Fuß erhöht und halte den Rücken neutral, um die Flexion der Lendenwirbelsäule zu vermeiden.
- Sport am Morgen: Beim Schlafen saugen sich die Bandscheiben mit Flüssigkeit voll. Morgens sind wir dadurch steifer im Rücken und Bewegungen können Wirbelstrukturen mehr reizen. Warte mit deinen Rückenübungen etwa 60 Minuten nach dem Aufstehen.
- Rückenschmerzen durch langes Sitzen: Im Sitzen rutschen wir oft unbewusst in eine gebeugte Haltung. Das ist auch völlig in Ordnung. Nur direkt nach einem Bandscheibenvorfall ist eine gekrümmte Haltung möglicherweise kontraproduktiv. Ein Stützkissen wie dieses hier (Affiliate Link) unterstützt dich dabei, den Rücken neutral zu halten und den Schmerzauslöser zu vermeiden.
Flexionsintoleranz als Schmerzauslöser im Training
Doch nicht nur im Alltag setzen sich viele Menschen unbewusst dem Schmerzauslöser aus. Auch bei der Bandscheibenvorfall-Behandlung und Selbsthilfe machen viele den Fehler, den unteren Rücken zu beugen.
Einige typische Beispiele schauen wir uns genauer an:
- Training der Rumpfmuskeln: Sit-Ups, Crunches, Beinheben... Es gibt viele Rumpfübungen, welche die Lendenwirbelsäule beugen. Diese wollen wir zunächst vermeiden. Im nächsten Abschnitt schauen wir uns drei Core-Übungen an, welche deine Wirbelsäule stabilisieren, ohne den Rücken zu beugen.
- Starke Kompression der Lendenwirbelsäule: Neben der Flexion kann die Kompression des unteren Rückens ein Schmerzauslöser sein. Das heißt, auch fantastische Übungen wie Kreuzheben oder Kniebeuge mit der Langhantel stehen vorerst nicht auf dem Plan (aber gern später wieder). Denn diese Übungen stauchen die Wirbelsäule.
- Den Rücken in den Boden drücken: Bei vielen Rumpfübungen in Rückenlage hören wir die Trainer sagen: "Drücke die Lendenwirbelsäule in den Boden!" Doch genau das wollen wir vermeiden. Denn auch das stellt eine Flexion des unteren Rückens dar. Wir wollen die Wirbelsäule neutral halten und das bedeutet: Leichtes Hohlkreuz! Stell dir vor, eine Ameisenstraße kann unter deiner Lendenwirbelsäule hindurchmarschieren.
Das sind die drei häufigsten Fehler, die bei der Bandscheibenvorfall-Behandlung und Selbsthilfe gemacht werden. Vermeide diese vorerst, bis sich dein Rücken erholt hat.
Dann dürfen diese Bewegungen wieder langsam in das Training eingeführt werden.
Das Ziel ist, dass alle Bewegungen ohne Schmerzen gemacht werden können. Und das ist möglich: Denn unser Körper ist extrem stark und anpassungsfähig.
Schauen wir uns nun an, welche Übungen bei der Bandscheibenvorfall-Behandlung und Selbsthilfe Zuhause gemacht werden können und welche Prinzipien du dabei berücksichtigen darfst.
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5 Prinzipien für die Bandscheibenvorfall Behandlung und Selbsthilfe
Der Schlüssel zur erfolgreichen Behandlung von einem Bandscheibenvorfall liegt in einem guten Assessment des Rückens, wie du es beispielsweise in der Rückenschmerzformel erlernst.
Deine individuellen Schmerzauslöser kennenzulernen und zu vermeiden, ist genau so wichtig, wie die richtigen Übungen während der Trainingseinheiten.
Doch weil es nicht DEN EINEN Behandlungsplan nach einem Bandscheibenvorfall gibt, kann ich dir nicht guten Gewissens eine handvoll Übungen geben.
Jedoch möchte ich dir 5 Prinzipien näherbringen, die deine individuelle Bandscheibenvorfall-Behandlung und Selbsthilfe in die richtige Richtung lenkt.
Diese 5 Prinzipien sind:
- Schmerzen reduzieren,
- Rumpfstabilität verbessern,
- Hüftmobilität verbessern,
- Grundlegende Bewegungsmuster erlernen und
- nach und nach die Belastbarkeit erhöhen.
Schauen wir uns die 5 Punkte genauer an.
#1 Schmerzen reduzieren
Wenn wir Schmerzen haben, schaltet unser Körper manche Muskeln auf Stand-by. Umso stärker die Schmerzen, umso mehr versucht sich unser Körper auf diesem Wege selbst zu schützen (Quelle).
Dies kann Bewegungsmuster verändern und eventuell zu einer Sensibilisierung von ohnehin gereizten Strukturen führen. Denk daran, dass viele Menschen mit einem Bandscheibenvorfall flexionsintolerant sind.
Um deinem unterem Rücken zu helfen, schnell wieder zu heilen, ist es eine gute Idee, Schmerzen zu lindern. Physiotherapeuten nutzen dazu viele verschiedene Methoden:
- Fango-Packungen,
- Massagen und manuelle Therapie,
- Kälteanwendungen mit Eis uvm.
Dank der modernen Schmerzforschung wissen wir heute, dass es eine ganze Menge Sachen gibt, welche du selbst machen kannst.
Wichtig dabei ist: Du bist nicht unbedingt auf einen Therapeuten angewiesen. Dieser kann dich aber auf deinem Weg unterstützen. Viel mehr darfst du mit den Punkten beginnen, die für dich von Relevanz sind.
Beispielsweise reagieren viele Betroffene sehr gut auf lokale Eisanwendungen, welche die Schmerzen kurzfristig lindern. Andere reagieren sehr gut auf Atemübungen. Das ist individuell sehr verschieden und darfst du gern für dich herausfinden.
#2 Rumpfstabilität verbessern
Prof. Dr. Stuart McGill vergleicht die Wirbelsäule und die stabilisierende Muskulatur gern mit einem Schiffsmast.
Ohne die Muskulatur würde die Wirbelsäule bereits unter einer kleinen Last von 5 bis 10 kg zusammenbrechen. Doch ähnlich wie die Abspanndrähte bei einem Schiffsmast, macht die Rumpfmuskulatur die Wirbelsäule sehr robust, sodass sie mehreren hundert Kilogramm widerstehen kann.
Wenn nun ein Muskel um die Wirbelsäule nicht gut mit den anderen Muskeln zusammenarbeitet, ist die Stabilität der Wirbelsäule nicht 100% gewährleistet.
Vielleicht merkst du davon im Alltag nicht viel. Doch beim Sport sind die Belastungen viel höher und dann äußert sich das muskuläre Ungleichgewicht durch Beschwerden.
Daher ist es bei der Bandscheibenvorfall-Behandlung und Selbsthilfe wichtig, die Rumpfstabilität zu verbessern. So bleibt die Wirbelsäule stabil und widersteht auch größeren Kräften.
Welche 3 Übungen bei Rückenschmerzen und nach einem Bandscheibenvorfall nicht verhandelbar sind, schauen wir uns in diesem Artikel genauer an.
#3 Hüftmobilität verbessern
Meine Klienten betrachte ich gerne anhand des joint-by-joint-Ansatzes von Gray Cook und Mike Boyle.
In diesem Modell hat jedes Gelenk eine bestimmte Aufgabe, damit der Körper sich effizient bewegen kann.
Die Hüften sind ein Gelenk, das dazu tendiert, etwas unbeweglich und steif zu werden. Tendenziell profitieren die Hüftgelenke daher von mehr Beweglichkeit.
Doch was hat das ganze mit Rückenbeschwerden zu tun?
Während junge Menschen meistens noch sehr beweglich sind, verlieren wir mit der Zeit an Beweglichkeit aufgrund eines bewegungsarmen und sitzenden Lebensstils. Wenn du deine Beweglichkeit nicht benutzt, verlierst du sie mit der Zeit.
Wenn die Hüfte nicht mehr beweglich genug sind, wirkt sich das auf die Gelenke darüber (unterer Rücken) und darunter (Knie) aus. Denn dann müssen Gelenke, die eigentlich stabil sein sollten, die mangelnde Beweglichkeit der Hüften kompensieren.
Die Wissenschaft gibt dem joint-by-joint-Ansatz recht. Tatsächlich gehen Schmerzen im unteren Rücken häufig mit mangelnder Beweglichkeit in den Hüften einher (Quelle).
Daher ist es nicht ausreichend, immer nur die Stabilität des Rumpfes zu verbessern. Solange die mangelnde Beweglichkeit der Hüftgelenke nicht verbessert wird, wirst du langfristig nur wenig Verbesserung in der Bewegungsqualität erzielen.
#4 Grundlegende Bewegungsmuster erlernen
Menschen mit Rückenschmerzen bewegen sich häufig anders, um den Rücken zu schützen. Dabei arbeiten manche Muskeln mehr und andere sind im Stand-by-Modus.
Ein Muskeln, der typischerweise nicht so arbeitet, wie er könnte, ist der große Gesäßmuskel. Die Wissenschaft zeigt, dass dieser Muskel bei Rückenschmerz-Betroffenen tendenziell weniger arbeitet (Quelle).
Daher ist es ein wichtiger Schritt, das Gesäß wieder ins Spiel zu bringen und in grundlegende Bewegungsmuster wie Kniebeuge und die Hüftbeugung zu integrieren.
Insbesondere die Hüftbeugung fällt vielen Betroffenen zunächst schwer.
Dabei müssen sie lernen, die Beugung in der Hüfte von der Beugung im unteren Rücken zu unterscheiden.
Zusätzlich müssen die Betroffenen lernen, bei dieser Bewegung das Gesäß anzuspannen, um den unteren Rücken zu entlasten.
Die Hüfte zu beugen, während der Rücken neutral bleibt, ist ein grundlegendes Bewegungsmuster.
Die Hüftbeugung ist nicht nur im Sport von Vorteil. Auch im täglichen Leben ist dieses Bewegungsmuster sehr nützlich, z.B. beim Hinsetzen, Heben von Gegenständen uvm.
Nicht nur ist ein starkes Gesäß schön anzusehen. Das Gesäß tendiert auch dazu, schnell Muskel abzubauen. Um den Rücken langfristig stark und gesund zu halten, ist es daher wichtig, die Beweglichkeit der Hüften und die Kraft im Gesäß zu erhalten.
#5 Die Belastbarkeit erhöhen
Je weiter wir bei der Bandscheibenvorfall-Behandlung und Selbsthilfe voranschreiten, umso mehr Bewegungen sollten ausgeführt werden, die Aktivitäten des Alltags und des Sports widerspiegeln.
Diese Übungen sollten gerade so viel Stress auf den Körper ausüben, sodass er sich daran anpasst. Jedoch nicht so viel, dass die weitere Regeneration verhindert wird.
Leider erlebe ich es immer wieder, dass Betroffene nach einem Bandscheibenvorfall Angst haben, wieder mit dem normalen Training zu beginnen. Sie fürchten, ihr Rücken könnte nun für immer ein Schwachpunkt sein.
Doch das ist totale Unfug!
Mit der richtigen Belastung und einer langsamen Steigerung, kann der Rücken nach einer Verletzung sogar stärker werden als zuvor. Für manche ist eine Verletzung sogar der Startschuss für ein gesundes, starkes und schmerzfreies Leben.
Wichtig für dich: Dabei darfst du dich auf deinen eigenen Prozess konzentrieren! Vergleiche dich nicht mit anderen und wie schnell ihre Heilung ging. Jeder Körper reagiert ein bisschen anders. Entsprechend darfst du dich in deinem eigenen Tempo steigern und die Belastung erhöhen.
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Jetzt bist du dran!
Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine Bandscheibenprobleme loszuwerden.
Leider kursieren viele Mythen und Halbwahrheiten, die dir auf deinem Weg Steine in den Weg legen. Wenn du schon mal etwas probiert hast, du aber nur kurzfristig Erfolge hattest, weißt du, was ich meine...
Darum habe ich die Erkenntnisse aus der modernen Schmerzforschung und die Erfahrungen mit meinen Klienten in einfachen Lektionen zusammengefasst. Diese findest du im kostenfreien 7-Tage-Email-Training. Konkret erwartet dich:
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